Landschaft Rolandsbogen

Landschaft Rolandsbogen
Landschaft am Rolandsbogen mit Blick auf den Drachenfels (c) Eva Wal

Mittwoch, 1. Dezember 2010

"...führt zur Natur zurück"

Zurück zur Natur

Der Wald um uns herum.
Empfängt uns mit Stille.
Kalte Stille, nasse, frostige Stille.
Der Wald empfängt uns mit Stille.
Die Bäume horchen, lauschen.
Die Blätter rascheln heimlich.
Gefährten der Stille. Einsamkeit tropft mit jedem Tropfen von Blatt zu Blatt.
Von Blatt zu Blatt.
Stille nicht angenehm. Stille bedrückend.
Wir reden und lachen. Wir trampeln auf der Stille herum. Reden und Lachen. Und kurze Stille. Schnell sagt jemand was. Reden und Lachen.
Mich deprimiert der Wald. Mit seiner Einsamkeit. Mit seiner Stille.
Diese kalte, zu ehrliche, viel zu ehrliche Stille deprimiert mich.
Und deswegen rede ich. Viel zu sehr gewolltes Reden.
Der Wald deprimiert mich. Ich weiß nicht, wieso.
Nie mehr zurück zur Natur?

Till Finkenrath


Zurück zur Natur
Das Restaurant feat. Tee, Bilderdieb, Mann and friends

Gelb, braun und schwarz. Die Farben meines heutigen Mittagessens. Bratwurst mit, für meine Geschmack etwas zu scharfem, Senf. Trotzdem verschlang ich sie, dankbar für das warme Essen, binnen weniger Sekunden. In meinem Mund platze die Haut mit einem Knacken auf, und das Aroma des Senfes mischte sich mit dem der Wurst. Eigentlich ein Gericht, was man immer essen kann. Z. B. im Sommer vom Grill oder eben an einem kalten Fastwintertag neben dem Rolandsbogen im warmen gemütlichen Restaurant. Angesichts des Preise allerdings (4,50€) für ein einfache Bratwurst nicht besonders genießbar.
Ich war ein wenig fertig mit der Welt. Um ein paar Stichwörter zu nennen: Kalt, anstrengend und irgend ein kleiner, pubertärer, pickelloser Junge erzählte mir pferdestreichelnd etwas über das Leben als Ponnyhof und über meinen ehemaligen Geschichtslehrer…im Zusammenhang stehend. Leicht grotesk aber komischer Weise interessant genug, sodass ich zugehört habe.
Das hatte ich bis dahin hinter mich gebracht. Die absolute Höhe im Restaurant war der Kommentar einer durchgeknallten bösen Brünetten neben mir, die über den fraglich vorhandenen Knackarsch des, in ihren Augen, inkompetenten Kellners philosophierte. Ich zitiere: „Anzughosen machen schon eine knackigen Hintern.“ Doch das war noch nicht alles. Ein Mann, fett und einen leicht verwirrten, was sag ich, verrückten Eindruck machend, betrat das Lokal. Er erinnerte uns alle an „den Dicken“, dieser autistische Kommissar aus dem Fernsehen. Als ob seine pure Anwesenheit nicht schon genug war, fing der besagte Dicke an die Bilder von der Wand zu nehmen. Es waren leicht abstrakte Bilder, auf denen komischer Weise immer irgendwelche Brüste groß und deutlich abgebildet waren. Mal die der Lorelei, mal die der unglücklichen Nonne auf Nonnewerth, die vergeblich auf ihren Ritter wartete. Der Bilderdieb also sammelte die Bilder ein. Dabei zerdepperte er einen Rahmen. Bravo. Er fing a zu schwitzen, weil das ständige Armheben scheinbar anstrengend war. Ich war froh, dass ich mein Würstchen schon verdrückt hatte…oder auch nicht. Naja…es ist jedenfalls alles glimpflich verlaufen. Ich hatte keine 4,50 € umsonst ausgegeben und der dicke Bilderdieb entpuppte sich als Kunstaussteller.
Da eine normale Cola drei Euro kostete, hatte ein anderes Workshopmitglied ihren Thermoskannentee aus. Das ist im Restaurant natürlich nicht gern gesehen. Wir saßen also alle auf leicht glühenden Kohlen und hofften, dass niemand etwas von dem dampfenden Tee in der rosaroten Termoskanne mitkriegen würde. Auch das ist gut verlaufen. Nur scheinbar war der heiße Tee nicht aufwärmend genug, sodass das Mädchen seinen Kopf auf die Heizung legte und meinte, es wolle sein Gehirn auftauen. Das war aber sowieso egal, weil wir uns kurz drauf wieder auf den Weg nach unten ins Tal gemacht haben. Ziel: Geheime Gärten. Verwilderte Grünanlagen auf Gutdeutsch. Auf dem Weg konnte die böse Brünette es einfach nicht bleiben lassen, mich zu ärgern. Ständig zupfte sie an meiner winterfesten Jacke rum um meinte, sie müsse mir die Kapuze abziehen. Nur weil sie selber zu blöd war sich eine Mantel und eine Schal anzuziehen, bei dem es nicht wie Hechtsuppe zieht. Also bitte. Irgendwann wurde das Spiel scheinbar langweilig. Wir stapften also in dem so geheimen Garten umher, auf der Suche nach dem geheimen Satz. Meine Gedanken kreisten aber ganz wo anders. Ungefähr: Chai-Latte, mein Bett, Kuscheldecke und Buch. Davon war ich weit entfernt. Da fiel mir ein, das meine Mutter mir aus ihrer Kindheit erzählt hatte: Die Aufnahmeprüfung in die, heute würde man vielleicht „Gang“ sagen, bestand damals darin, so fest ein Brennnesselblatt zwischen Daumen und Zeigefinger zu pressen, dass die feinen Härchen abknicken und der Brennnessel nicht brennt. Das Thermoskannenteemädchen probierte das direkt aus. Und tatsächlich. Sie hatte keine Schmerzen. Im Gegensatz zu mir, wäre sie in der „Gang“ aufgenommen worden. Ich trau mich das immer noch nicht.
Ja, was soll ich sagen. Da stand ich mit einer Gruppe kreativer Menschen in einem verwilderten Garten. Vor uns lagen noch Tage, an denen wir die verrücktesten Dinge machen sollten, etwa DADA-Mensch basteln und verkörpern oder Nietzsche krepieren lassen.
Wäre es nicht schön, nicht 4, 50 € für ein Bratwurst blechen zu müssen, Ponnies nicht zu zähmen, Hinterteile in voller Pracht, ohne Anzughosen betrachten zu können, nicht die Möglichkeit haben sich bis zum Platzen mit Essen vollzustopfen, weil es einerseits nicht so viel gäbe und andererseits nichts angebaut werden könnte. Wäre es nicht schön nicht über das menschliche Denkvermögen Bescheid zu wissen, sondern einfach nur das tun zu dürfen, wozu man gerade Lust hat und das nicht legitimieren oder rechtfertigen brauchte. Wäre es nicht schön, einen verwilderten Garten als etwas völlig normales zu sehen und eine Brennnessel als etwas völlig harmloses. Ach ja…auf die DADA-Menschen könnte ich auch glatt verzichten. Um das alles zu erreichen müssen wir einfach nur back to the roots. Es unseren ururururururururur…ahnen gleich tun und im Einklang mit der Natur leben. Wobei ich Tee schon sehr gerne mag…Naja. Wie auch immer auf zurück zur Natur…!

Helen-Sophie Mayr


Zurück zur Natur

Der Bogen

Wieder da , wieder zurück. KALT. WARM. Das Gehirn durchgepfiffen und die Zunge mit Essig verbrannt. Bist du Zuhause? Ein Schritt über die Schwelle, und Müdigkeit übermannt mich. Süße Schokoladenverführung lullt mich ein. Bewegung und Stehen und Zuhören – Sitzen und Schreiben und In-sich-hören. Der Bogen wurde zum Kreis. Der Anfang ist auch das Ende. Oh Roland, es ist vorbei – Arp hat uns wieder, und der Rhein fließt weiter. Heimatkundler? Touristen? Ein Schritt überwindet eine Grenze - zwei Welten. Natur beeinflusst durch den Winter, Architektur beeinflusst durch den Menschen. Blätter und Gemälde, Skizzen und Laub. Geheimnisvoller Mensch oder geheimnisvolle Natur? Schreiben, unsere Bewegung, führt zurück zur Natur!

Eine Zeitreisende


Zurück zur Natur
Rolandsbogen

Es vermag euch nicht logisch erklingen, doch ein Moment des Leidens kann ebenfalls ein Moment des Glückes sein.
Es war die Erkenntnis der Gemeinsamkeit.
Wir waren deprimiert und lachten. Ich hatte das Gefühl, dass das Lachen nicht mehr aufhörte und mir war, als würde ich für einen Augenblick alles von mir schütteln. Einfach loslassen. Die frische Luft, die unsere Wangen, Nasen und Ohren errötete und uns frei werden ließ. Unsere Herzen waren leicht und für einen kurzen Moment wurde mir warm. Warm in meinen Füßen, in meinem Gesicht und bis in die Fingerspitzen. Stopp. Stille. Regungslosigkeit. Was war es? Etwas Überwältigendes? Etwas Natürliches? Etwas, das alles verdrängte? Und dann war es vorbei. Die Kälte kam zurück und mein Körper erzitterte.
Die Wirklichkeit führte zur Natur zurück.

Jana Laudien


Zurück zur Natur

Wir wandern auf den Rolandsbogen. Die lange Runde. Im Anschluss zu den geheimen Gärten.
Die geheimen Gärten sind verwildert, so wie ich es freudig erwartet habe, doch in meiner Vorstellung waren sie größer und die Wege verzweigter.
Wenn jetzt Sommer wär‘, wäre es der perfekte Ort, um spazierend über den Sinn des Lebens nachzudenken. Die Sonne würde durch die Bäume scheinen und die Blätter zum Leuchten bringen. Von allen Seiten würde mich die Natur anlachen. Schemenhaft würde das Rauschen des Rheins zu mir herüberdringen. Das Rauschen würde alle Geräusche miteinander verbinden, sie stimmig machen: Das Singen der Vögel, das Gesumme der Bienen und Hummeln, das Knirschen meiner Schuhe auf dem Kies.
Doch es ist Winter. Mir ist kalt, und meine Füße sind nass. Ich bin erschöpft und will nach Hause. Doch dann kommt mir ein neuer Gedanke: Ich werde hierhin zurückkehren, im nächsten Frühling oder Sommer: Zurück zur Natur.

Milena Behnke