Schnurrdiewutz
Heute ist ein besonderer Tag für das Arp Museum. Es bekommt ein Bild von einem bislang unbekannten Künstler. Er heißt Baron von Schnurrdiewutz und kommt aus Schnurrwenien. Für dieses Bild musste das Arp Museum lange warten und auf der Künstler-Messe viel Geld bieten. Doch nun ist es endlich so weit: Sogar die Bundeskanzlerin Angela Merkel ist geladen und ist gekommen. Niemand wollte sich dieses weltweit einzigartige Ereignis entgehen lassen, denn es gibt nur zehn Gemälde von dem Baron, von denen sich acht in privatem Besitz, und eines irgendwo auf der Welt - in kleine Stückchen zerteilt - befinden. Also, man sieht ja, dass dieser Tag eine besondere Ehre für Deutschland und für die Stadt Remagen ist. Die Menschen-Schlange reicht schon auf die B9 hinaus. Die B9 wurde extra aus diesem Grund gesperrt. Um 15:00 Uhr fährt eine schwarze Stretch-Limousine vor und hält direkt vor dem Eingang. Eine Truppe von fünf Bodyguards steigt aus und bleibt stehen. Dahinter kommt ein Mann aus dem Auto, der ganz in schwarz gekleidet ist und einen schwarzen Aktenkoffer in der rechten Hand hält. Er schreitet langsam hinter seinen Bodyguards her in Richtung Museumseingang. Dort wartet schon Herr Rotkeridsmuesu, der Museumsdirektor, und begrüßt ihn mit einem stolzen Lächeln auf dem Gesicht. Er will dem fremden Mann den Koffer abnehmen, doch dieser nimmt ihn in die andere Hand und schüttelt den Kopf. Seine Miene bleibt starr. Er läuft geradewegs an der Kasse vorbei und geht den langen Flur entlang. Alle Menschen, die noch Karten für dieses Event bekommen haben, laufen dem Mann gespannt hinterher. Er bleibt vor der Ausstellung ,,superfranzösisch” stehen und dreht auf dem Absatz nach rechts. Er folgt dem Gang, bis er zu einem großen Glaskasten kommt. Dort wartet er ungeduldig auf den Museumsdirektor, der gleich darauf mit einem Schlüssel heran geeilt kommt. Erst als dieser Glaskasten geöffnet ist, legt der fremde Mann den Koffer hin und lässt dessen Deckel aufschnappen. Zum Vorschein kommt ein Bild, welches von außen zwar noch gut aussieht, aber schon viel erlebt hat. Es wurde schon viermal gestohlen, ist einmal in einen Fluss gefallen und wäre beinahe ganz durch einen Aktenvernichter zerstört worden. Doch diese lange und turbulente Geschichte kann man dem Bild von außen nicht anmerken. Der fremde Mann hat währenddessen das Bild in den Glaskasten gelegt, seinen Koffer wieder geschlossen, eine Notiz hinterlassen und hat sich wieder auf den Weg gemacht. Niemand hatte es bemerkt, geschweige denn, versucht ihn aufzuhalten, alle waren von der Schönheit des Bildes fasziniert. Vor dem Museum hört man einen Motor aufheulen und ein Auto wegfahren. Der Museumsdirektor schaut sich verwundert um, bis er die Notiz entdeckt. Er nimmt sie und liest sie sich sorgfältig durch, denn er wollte mehr über diesen Mann erfahren. Er hatte ihn am Telefon nur einmal mit einer Stimme gehört, die seltsam verzerrt geklungen und die ihn über das bevor stehende Ereignis informiert hatte. In der Notiz stand:
,,Ich bin der Nachfolger Barons von Schnurrdiewutz.
Sie haben am Telefon mit meinem Vater gesprochen, der vor wenigen Tagen verstorben ist.
Ich hoffe, das Bild ist bei ihnen sicherer als in meiner neuen Residenz.”
Grüße, Baron von Schnurrdiewutz.
(Siegel)
Der Museumsdirektor schaut auf. Das Bild ist noch da, wer weiß aber nur, wie lange es noch da im Glaskasten sein wird. Als er das nächste mal auf eine Uhr schaut, ist es 18:00 Uhr. Zeit zum Schließen. Er positioniert zwei Wachleute um das Gemälde und bittet alle Besucher zu gehen. Der Museumsdirektor schaut noch ein letztes Mal auf das Bild und auf das Schildchen, welches den wahren Namen des Bildes zeigt: ,,Schnurrdiewutz- Das Adjektiv.”
Keiner der Besucher, noch nicht einmal die Museumsmitarbeiter, können später am Abend das Gemälde genau beschreiben. Sie sagen alle immer nur: ,,Es war einfach wunderschön.” Und seit diesem Tag hat niemand mehr etwas von dem Nachfolger des Baron von Schnurrdiewutz gehört.
Johanna Rüllich
Ein Projekt von und mit Eva Wal: vom 23. bis zum 27. November 2010 reisten dreizehn Schülerinnen und Schüler des Amos-Comenius-Gymnasiums in Bonn aus den Klassenstufen 8 bis 12 jeden Tag ins Arp Museum Bahnhof Rolandseck. In einer multimedialen Schreibwerkstatt entstanden Texte, die sich mit dem Ort, der Kunst und der Geschichte auseinandersetzen. In Gruppenarbeit wurden anschließend drei Geschichten entworfen und filmerisch umgesetzt.