Landschaft Rolandsbogen

Landschaft Rolandsbogen
Landschaft am Rolandsbogen mit Blick auf den Drachenfels (c) Eva Wal

Sonntag, 5. Dezember 2010

Samstag, 4. Dezember 2010

Mittwoch, 1. Dezember 2010

"Ich stelle vor"

Ich stelle vor:

Wenn man am untersten Treppenabsatz steht und den Blick nach oben, in Richtung Treppen, in Richtung Aufzug richtet, sieht man Folgendes:
Die Treppen von unten, klare weiße Stufen mit einem braunen Rand, der auch die Oberseite der Treppenstufen bedeckt, alle Stufen gleich groß. Es ist, als höre man die tausend Schritte, die darübergingen. Das Geländer: Weiß, parallel, glatt.
Man sieht viel Fenster, viel Himmel; in diesem Moment ist er grau-weiß, was der Gesamtsituation eine besondere Eleganz verleiht.
Es gibt Decken, Böden, lange Säulen, große Flächen, Lampen, noch unerleuchtet, alles in weiß versteht sich. Es ist, als höre man den Hall der vielen Stimmen, die sich unterhielten und lachten.
Weite.
Nichts scheint ein Ende zu haben. Man kann Kunst sehen, aber die Kunst weiß nicht, dass sie da ist.

Marie Groenewald


Ich stelle vor:

Ich stelle euch den Blick in eine ganz andere Welt vor:
Stellt euch vor, das, was ihr seht, gleicht in keinster Weise dem, wo ihr seid. Ihr seid an einem ruhigen, warmen und sicher auch gemütlichen Platz. Doch wenn ihr durch das Fenster vor euch schaut, dann seht ihr all die Grün- und Brauntöne und könnt die Kälte förmlich spüren.
Ich habe zunächst nur ein Gemisch aus den ganzen Farben gesehen, doch als ich genauer hingeschaut habe, sah ich all die Kleinigkeiten, die vor meinen Augen wachsen und leben. Ich sah die lebendige Natur und fühlte mich, als wäre ich ein Teil davon. Jede kleine Windböe, die durch die Blätter ging, konnte ich sehen. Und als versucht habe, den Raum, in dem ich saß, auszublenden, sah ich noch mehr Lebendigkeit. Tiere wanden sich in ihrem Lebensraum, und über mir ein Bauwerk von Menschen.
Das, worauf ich in meiner Vorstellung stehe und was mich umgibt, ist weich und geschmeidig. Doch in Wirklichkeit sitze ich auf hartem Holz, eingemauert mit festem Stein.
Allein der Blick auf die Vielfalt der Natur lässt mich das Leben spüren und fühlen. Denn in Wirklichkeit ist eine Fläche nicht glatt, ein Licht nicht grell und verschiedenfarbig, Nahrung nicht bereitgestellt und die Temperatur nicht passend angenehm.

Jana Laudien


Ich stelle vor:

Ich stelle vor: Eine Skulptur. Eine düstere Gestalt.
Es hat geregnet, Wassertropfen perlen auf ihr.
Wie unförmig sie ist!
So absurd, wie sie da am Abgrund Einrad fährt. Immer und immer wird sie da Einrad fahren. Und die Gestalt sieht nicht so aus, als wolle sie irgendwann weiterfahren. Und die Gestalt sieht nicht so aus, als wolle sie irgendwann noch einmal absteigen:
Mit geraden, statischen Beinen steht sie da. Entschlossen, auf ihrem Einrad.
Und der Regen perlt an ihr herunter. Die Tränen des Regens rollen ihre mit einer Rüstung gepanzerte Brust herunter, doch es lässt sie kalt.
Kalt steht sie da, ohne Regung, fest.
Entschlossen, ein zur Fratze verzerrtes Gesicht.
Grimmig.
Nein, die Gestalt wird nicht in den Abgrund fallen. Nie. Dafür ist sie zu entschlossen.

Und die Gestalt.
Was sind denn das für Streben, die ihr wachsen: Aus dem Rücken, aus dem Bauch, aus den Beinen aus dem Kopf? Was blättert da so dünn an ihr herab? Was ist das für ein Kasten, was ist das für ein Gebilde auf ihrem Kopf?
Da! -Es hebt sich doch deutlich ab vom Regenhimmel!
Regenhimmel, grauer Himmel, weißer, heller Himmel, Sommerhimmel, Winter-Frühlingshimmel, Nacht- und Sternenhimmel.
Hagel, geschlagen, Wasser geweint, Schnee, gestreichelt. Die Gestalt hat viel erlebt, das sieht man. Die Gestalt, sie hat viel erfahren, und jetzt ist sie kalt.
Und immer noch perlt der Regen.
Träne um Träne an ihr herab.
Ewig.
Ewiges Bild.
In meinem Kopf.
Ewig?

Till Finkenrath


Ich stelle vor:

Langsam öffne ich die quietschende Tür. Von überall reflektieren die Spiegel mein Gesicht. Ich genieße die ruhige Atmosphäre in der Kabine mit einem Ausblick auf ein braunes geöffnetes Tor. Hinter diesem verbirgt sich ein kleiner See, bedeckt von grünen Bäumen. Von oben schaut ein alter Mann auf mich nieder. Schnell zücke ich das Klopapier und bewege mich aus der Kabine. Ich gehe auf das Waschbecken zu, drehe langsam und mit größter Vorsichtigkeit den Wasserhahn auf. Kaltes Wasser spritzt mir ins Gesicht, ich trete einen Schritt zurück. Plötzlich fallen mir all die verzweigten Äste auf, die sich durch die ganze Toilette ziehen. Mich im Kreis drehend und beeindruckt von all den Malereien, fallen mir Mann und Frau Arm in Arm liegend auf, die nackt und liebevoll küssend, sich in dieser leicht beängstigenden, aber doch ehrfürchtigen Toilette beschauen lassen. Noch einen letzten Blick in den riesigen Spiegel mit goldenen Verzierungen, und schon verlasse ich den düsteren aber doch warmen Raum, begleitet von einem quietschenden Hall. Die Inspiration hat mich ergriffen.

Hosna Hakim


Ich stelle vor:

Ich bin im Arp Museum im Bahnhof Rolandseck, in einem blaugestrichenen Ausstellungsraum. Sitzend betrachte ich ein Gemälde von Alfred Sisley.
Es stellt eine Wiese und Bäume dar. Wenn man sich einige Meter von dem Bild entfernt, denkt man: Der Künstler hat alles genau festgehalten: Die Weite der Wiese, dass die Wiese nach hinten vielleicht noch weitergeht, das Spiel zwischen Licht und Schatten.
Im Vordergrund sieht man Butterblumen, und wenn man will, kann man hinter den Bäumen Häuser erkennen. Tritt man näher an das Gemälde heran, erkennt man, dass der Künstler im Vordergrund mit vielen verschiedenen Grüntönen gearbeitet hat, im Gegensatz zum Hintergrund.
Ich stelle mir vor, wie das Bild weitergehen könnte: Kleine Lichtungen in einem sonnendurchfluteten Sommerwald, angrenzend an eine kleine Ortschaft, in der Kinder auf den Straßen Ball spielen…

Milena Behnke


Ich stelle vor:

Ich erlaube mir Louis-Antoine de Bourbon, duc d´ Angouieme vorzustellen - nicht nur sein Name ist ´superfranzösisch`. Seine gesamte kleine Gestalt spiegelt das vornehme Frankreich wieder. Seine goldenen Löckchen versteckt unter der grauen Perücke der Aristokratie, schaut er mich kalt und herablassend an - wobei das kindliche Glitzern nicht ganz aus seinen Augen verdrängt werden konnte. Ein blasses Gesicht, das noch nie unter der Sonne mit Freunden Abenteuer erlebt hat und mit einem aufgeschlagenen Knie nach Hause zu mámá gekommen ist. Rote Wängchen, ja - aber wohl eher Schamesröte oder Schminke als Freude oder Aufregung. Die Orden für seine nicht bestandenen Abenteuer trägt er schon an seiner schmalen Brust. Seinen Babyspeck hat er unter einem samtenen, babyblauen Gehrock in XXS versteckt, aber macht es das besser? Ein Schälchen um seinen Hals, das ihm die Luft zum Atmen abschnürt, wie das Hofzerimoniell, und eine blaue Schärpe, die sich um sein Brüstchen windet, wie die Verpflichtungen, die ihn festhalten, ergänzen das Bild.
Ein lächerliches Persönchen, welches eine ganze Gesellschaftsform repräsentiert.
Ein Kind aus der surrealen Welt von Marie Antoinette mit all ihren süßen Leckereien, den Pastellfarben, der geschwollenen Musik, den samtenen und seidenen Stoffen...ein Kind und ein Junge.
Wir alle wissen, wie die Traumwelt von Marie Antoinette zum Albtraum wurde. Gerechte Strafe für ihren egoistischen Lebensstil?
Was wird aus Louis-Antoine? Wird er seinen Eltern Ehre machen? Wird auch er sich fragen, warum seine Untertanen nicht Kuchen essen, wenn sie kein Brot haben? Schon jetzt lasten auf seinen Schultern große Erwartungen.
Verhätschelt von Zofen, die ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen, lebt sicherlich auch er in einer Traumwelt - abgeschnitten von der Realität außerhalb seiner Gemächer, außerhalb der Residenz, außerhalb des Parks - aber was ist mit den Wünschen tief in seinem Inneren, den Wünschen eines jeden Kindes? Der Wunsch nach Zuneigung von seinen Eltern oder einfach der Wunsch frei und unabhängig über seine Zukunft bestimmen zu dürfen...diese Wünsche werden dem kleinen duc wohl nie erfüllt werden.
Was dächte wohl ein kleiner Bauernjunge, wenn er Louis-Antoine kennenlernen könnte? Kann er verstehen, dass er vielleicht eine glücklichere Kindheit verbringt als sein adliger Altersgenosse, der ein Spielzimmer hat, welches größer ist als das ganze Grundstück seines Vaters? Nein, kann er nicht.
Louis-Antoine de Bourbon, duc d´Angouième stelle ich vor, weil er gleichzeitig den Anfang und das Ende der Monarchie darstellt. Eine Gesellschaftsform, die Persönchen wie Louis-Antoine hervorbringt, kann nicht bestehen.
Frankreich wird sich wehren und einen neuen Weg finden.

Eine Zeitreisende


Ich stelle vor:

Es ist kalt, der Wind pfeift um mich herum. Die Wolken drohen mit Regen, und die Luft umhüllt kalt und feucht Nasenspitzen – und mich. Ich hänge hier doof herum, langweile mich – und das schon seit, ähm… mehreren Jahren. Ich sehe noch fast genauso aus wie am Tag meiner Geburt in der Fabrik. Nur die Verankerung, die mich an der Decke festhält, die haben sie erneuert. Schade eigentlich, denn jetzt kann ich nicht mehr herunterfallen. Das wäre in meinem eintönigen Bahnhofsleben doch eine nette Abwechslung.
Aber so hänge ich hier halt ab, rund, mit grauschwarzem Eisen umfasst. Das Glas über meinem Zifferblatt ist dreckig, das Zifferblatt selbst angefressen und vergilbt. Zwölf schwarze Striche haben die Stellen der Ziffern eingenommen und sind nun wie Sonnenstrahlen um meine Mitte angeordnet. Ein langer, schwarzer, spitzer Zeiger kitzelt alle fünf Minuten einen von ihnen. Sein kleiner Bruder versucht vergebens an einen der Striche heranzureichen. Na gut, ich gebe es ja zu, die Laufbahn als Model kann ich vergessen. Aber ich hab wenigstens eine gute Aussicht, und irgendwie bin ich ja schon wichtig – in gewisser Weise.
Und dann wäre da ja auch noch das rhythmische, langweilige Rattern in mir. Einerseits nervt es mich, andererseits ist es die einzige Schranke zwischen mir und dem Schrottplatz, der einzige Grund, dass mich die Leute überhaupt beachten. Auch wenn mir meistens nur ein flüchtiger Blick zugeworfen wird.
Falls Du es immer noch nicht gerafft hast: ICH BIN DIE BAHNHOFSUHR VOM BAHNHOF ROLANDSECK.
An mir sind schon unzählige Züge vorbeigefahren. Ich habe schon unzählige Gesichter mit Rang und Namen gesehen. Wenn ich sie Dir alle aufzählen würde, würdest Du mit Sicherheit „Geil, geil… aber, warum hast Du mir denn dann kein Autogramm geholt?!“, rufen. Und ich würde antworten: „Weil ich hier ganz zufällig unter die Decke gefesselt wurde, deshalb!“
Angesichts meiner unzähligen, vergangenen Geburtstage, die sowieso niemand gefeiert hat, habe ich aufgehört, über mein unermessliches Alter (und natürlich über meine unermessliche Weisheit) zu grübeln. Ich schätze mich auf so… mmh… 150 Jahre. Ja, ich weiß, ich bin Uhralt und völlig aus der Mode, aber das musst ausgerechnet Du mir jetzt nicht auch noch unter die Nase, ähh… den Zeiger reiben!
Tatsache ist, dass Du bestimmt nicht so alt wirst. Unfair, weil ich nicht sterben kann? Unsinn, es hat halt noch keiner versucht mich zu ermorden. Du kannst es ja mal aus ausprobieren…
Aber geh mir jetzt bitte nicht mehr auf den Zeiger!

Henriette Fischer


Ich stelle vor:

Schrecklich! Von überall kommen Geräusche: Von rechts das Pattern eines großen Baggers, von links manchmal das laute Hämmern eines Presslufthammers und der Lärm eines genauso lauten Baggers. Von hinten höre ich den Verkehrslärm auf der B9, der gerade in den frühen und späten Stunden zu einer meiner Qualen führt. Von vorne höre ich nur manchmal ein paar Züge vorbeirauschen.

Aber einen Blick habe ich dagegen: Weiter hinten auf dem Berg ist der Rolandsbogen. Hinter mir und der B9 kann ich den Rhein und auch die Stadt am anderen Ufer erkennen. Und vor mir habe ich den alten Bahnhof Rolandseck. Denn ich bin die Gockel-ähnliche Statue auf dem Vorplatz vor dem Arp Museum. Ich kann alle Leute sehen, die das Arp Museum besuchen. Aber auch der Blick nach oben hat etwas Besonderes: Gerade an einem stürmischen Tag wie heute fliegen die Wolken nur so über mir vorbei. Ich habe die perfekte Sicht auf das Eisengeländer oben über mir. Auch habe ich einen Blick auf zwei weitere Statuen des Arp Museums. Leider werde ich von den Besuchern des Museums nicht sonderlich wahrgenommen.

Es ist gerade ein wenig Hochwasser auf dem Rhein, der Nebel verfängt sich an dem Berg mir gegenüber, so dass ich nicht den Gipfel sehen kann. Um mich herum sind ein paar Lichter, die aber nicht wirklich viel bewirken. Von der Etage mit dem Bistro aus kann man mich mal aus einer anderen Perspektive sehen. Von oben kann man mich am besten mit einem Hahn vergleichen. Man könnte allerdings auch meinen, ich sei eine andere Art von Reh, Hirsch oder Rentier. Desto dunkler es wird, desto besser und eindrucksvoller sehe ich aus. Das bewirken dann die kleinen Lichter neben mir!

Doch der Lärm will nicht aufhören. Fast im Minutentakt kommt ein neuer Schwall lärmender Autos. Aber das Beste an meinem Platz ist: Ich habe ihn ganz für mich alleine. Sobald die Bauarbeiten abgeschlossen sind, wird der Platz um mich herum noch schöner werden. Ich könnte mir kaum einen besseren Standort ausdenken, denn hier kommen alle Leute vorbei, die das Museum besuchen wollen, mich aber leider kaum beachten. Ab und zu schippern ein paar Frachter auf dem Rhein auf und ab. Obwohl ich relativ flach bin, wirke ich trotzdem plastisch. Ich bin nämlich eine Schwellenplastik. Durch mich kann man einfach durchschauen: Bei mir kann man durch mein Auge sehen. Ich bin ein wenig grünlich geworden über die Jahre, denn ich bin nicht gegen die Umwelt geschützt, ich bin ja draußen. Und so stand ich und stehe ich immer noch vor dem Arp Museum und beobachte täglich die Besucher, die ein- und ausströmen.

Johanna Rüllich


Ich stelle vor:

Ich stelle den Ausblick vom Bistro über den Rhein vor. An der anderen Rheinseite sehe ich eine lange Allee von Bäumen, dahinter ragt das große Siebengebirge empor. Die Spitzen der Berge versuchen sich hinter dem Nebel und den Wolken zu verstecken, die um diese Jahreszeit tiefer hängen als sonst. Es scheint, als versuchten sie, das Land zu erdrücken. Doch den Rhein stört das nicht. Wie immer hat er eine starke Strömung, und es fährt auch nur hier und dort ein Schiffchen. Es wäre sehr ruhig, wenn nicht die Landstraße direkt am Rhein ihren Platz gefunden hätte. Ständig fährt ein Auto nach dem anderen. Ganz im Gegensatz zur anderen Seite, wo es ruhig und leer aussieht.
Am Fuße der Berge erkennt man einzelne Häuser, und auch ein Kirchturm ragt aus dem Dörfchen empor.

Urte Alexandra Schröder


Ich stelle vor:

Kalt, fast ein wenig rau, ragt der letzte verbliebene Teil der alten Burg in den Himmel empor. Die schweren Wolken wollen ihn, sich am Berg entlang hangelnd, nieder drücken, doch er trotzt Wind und Wetter und steht alleine auf seinem Berg, seinem eigenen Reich. Um ihn versammeln sich Bäume und eisige Kälte, die das restliche Leben fern zu halten scheint.
Das graue Gemäuer, schon seit Generationen aufrecht stehend, war seit eh und je eine Quelle der Inspiration und strahlt auch jetzt etwas aus, was keiner in Worte zu fassen vermag.
Abgesehen von dem erbarmungslosen und eisigen Wind, der durch alle Fugen rauscht, die Haare zerzaust oder einen schaudern lässt, ist es still.
Nur ab und an ertönt das Rattern eines Zuges oder das Dröhnen der Maschinen, das ihm vorauseilt.
Danach ist alles wieder vollkommen still.
Die Welt steht wieder alleine da, genau, wie der Rolandsbogen.

Karolin Lauck


Ich stelle vor:

Portrait Lord von Holland mit kleinem Hund
1795 (Louis Gauffier)

Darf ich vorstellen Lord Holland…oder Lord von Holland…oder Lord der Holländer…? Was macht das schon?!
Hier sitze ich nun. Aus fließender Seide ist mein Hemd, aus weichem Samt mein Jackett; aus reim Gold meine Schnallen und aus selbstgeschossenem Eber meine Schuhe. Unter meinen Füßen der feste italienische Marmor. Hinter meinem Rücken wölbt sich der schwere rote Vorhang. Neben mir meine steinernen Ahnen.
Hier sitze ich nun. Ich habe meine Perücke abgenommen. Dieses Rangsymbol ist lediglich lästig. Es juckt und kratzt und man könnte meinen ich sei ein alter Greis. Das bin ich aber nicht. Mein junger Lebensgeist stößt an meine Fassade. Die Leidenschaft in mir stirbt jeden Tag aufs Neue.
Hier sitze ich nun. Ermüdet von den sittlichen Tugenden und Taten. Lesen, lernen, malen, komponieren, etwas vorgeben zu sein, was ich nicht bin. Ein Lord bin ich. Ich soll über andere Menschen herrschen. Verantwortung tragen, für das Leben anderer, dabei ist mein eigenes doch so absurd. Wie ich in einem vor Reichtum nur so strotzenden Moment etwas Derartiges behaupten kann? Eine berechtigte Frage. Ich will versuchen sie zu beantworten. Ich bin scheinbar der Einzige von uns, dem Adel, der so denkt.
Mein Bruder, ein Jahr jünger als ich, hat mehr als acht Frauenzimmer zu regeln. Mein Cousin, ein Jahr älter, lebt in noch größerem Reichtum als ich. Sein Volk?! Ein kleiner Haufen Elend. Ausgemergelt und über ihre Grenzen weit hinaus getrieben Mein Vater. Ein Gottesverräter. Makaber…Ist es nicht das heuchlerische Gottesgnadentum das, was ihn zu eben dem macht, was er ist? Nämlich Lord von Albanien. Er vermachte mit Holland. Einfach so. Ohne irgendjemanden, geschweige denn einen Holländer nach seiner Meinung zu fragen.
Meine Gattin? Ein elendes Weib. Auch sie setzte mein Vater mir vor, wie einen großen, glänzenden, roten Hummer auf einem Silbertablett. Er glaubte wohl, er habe mir ein besonders großes Geschenk gemacht. Keine Frage, meine Gemahlin Bernadette IV. von Norwegen ist wunderschön. Doch war mir vom ersten Augenblick, da ich sie sah, bewusst, dass keines ihrer Gefühle mit gegenüber rein war. Sie spielt ein Drama. Alles, was sie kann ist einen verführerischer Augenaufschlag, einen teuren Lebensstil pflegen und vorgeben wunschlos glücklich zu sein.
Soll das wirklich alles sein? Soll ich mir den Reichtum zu Kopfe steigen lasse, mein Frau betrügen, mein Volk aussaugen und gegen Gott reden? Es wäre so einfach. Doch so bin ich nicht. Ich bin menschlich.
Hier sitze ich nun. Fertig mit der Welt uns fertig mit mir. Die Missstände dieser Gesellschaft so klar und deutlich vor Augen, dass es schmerzt. Mein Traum unantastbar und allein. Kein Schritt weiter bin ich. Nur einen Schritt näher an meiner Verzweiflung, die mich heiß und drückend jeden Tag bedroht. Und eines Tages wird sie mich überwältigen.

Helen-Sophie Mayr



"Die vollendete Speculation..."

Die vollendete Speculation...

Heute war noch niemand in mir. Aber ich kann es niemandem verdenken: Die Blätter sind schon von meinen Bäumen abgefallen. Die Bänke sind nass. Wer es sich noch nicht gedacht oder gewusst hat, ich bin der Park, der die ,,geheime Gärten” heißt, und bin schon seit mehreren Jahren als Garten ungepflegt. Aber dann, am Nachmittag, kam eine sehr kleine Schulklasse, die sich auf die Suche nach meinem versteckten Satz machte. Sie liefen über meine Wege, die jetzt im Herbst voller Matsch sind. Ich habe viele Schüler lachen gehört. Im Allgemeinen war es sehr lustig. Ich musste mir immer eine Hand vor den Mund halten, denn sonst hätte ich sie sofort zum Satz geführt. Die ersten fünf Schüler kamen von alleine nicht darauf. Also musste ich ein wenig nachhelfen. Ein paar haben sogar geglaubt, die Buchstaben, die seltsamerweise auf meine Bänke gelangt sind, seien der Weg zu ihrem Ziel, meinem etwas wundersamen und langen Satz. Am Ende haben sie sich alle um meinen Mittelpunkt, die riesige Säule mit dem letzten Wort gesammelt. Dann sind sie zu den Überresten der alten Villa gewandert. Nun haben sie doch noch den richtigen und langen Spruch gefunden: ,,Die vollendete Spekulation...”, zumindest habe ich hier den ersten Teil.

Johanna Rüllich


Die vollendete Speculation...

Sobald sie durch den wie ein kleines Kunstwerk gestalteten Eingang trat, wurde sie von verwildertem Grün empfangen. Wo sie hinblickte rankte Efeu, Sträucher wanden sich zwischen Bäumen und versuchten ihren Platz zu finden. Es erinnerte sie fast zu sehr an die Realität, der sie gerade entronnen war.
Trotzdem überkam sie ein Gefühl des Glücks. Schon immer wollte sie sich frei fühlen, und hier, wo nichts eine Ordnung hatte, wo keiner irgendwem etwas recht machen musste, wollte sie nicht fortfliegen, sondern verweilen.
Ein Lächeln bildete sich auf ihrem Gesicht und ihre Augen, die noch nie richtig gefunkelt hatten, strahlten nun wie die Sonne selbst.
Vereinzelte Tropfen fanden ihren Weg durch das dichte Blätterdach und erzeugten ein stets gleich bleibendes Geräusch. Fast wie der Rhythmus einer Melodie, die sie bestimmt gesungen hätte, wäre sie nicht so beschäftigt damit gewesen, das Lächeln auszukosten,
das ihr noch allzu unbekannt war.
Denn vielleicht war alles perfekt, vielleicht war sie aber auch nur vollendete Spekulation.

Karolin Lauck


Die vollendete Speculation...

„Cheese!“, riefen alle gleichzeitig und setzten ihr schönstes Lächeln auf. Das Wetter war ekelig, es war kalt und nass, doch die Stimmung scheint ihren Höhepunkt gewonnen zu haben, als sich der Ausblick vom Rolandsbogen über das Siebengebirge und den Rhein aufmacht. Auf der anderen Seite sieht man die Spitzen der Berge des Siebengebirges, die sich in dem Nebel und den Wolken zu verstecken versuchen, die um diese Jahreszeit tiefer hängen als sonst, um wie es scheint das Land erdrücken zu wollen.
Der Wind bläst mir ins Gesicht und lässt meinen Körper schaudern. Ich drehe mich um und sehe meine Freundinnen und nette SchülerInnen, mit denen ich auch noch drei lange Tage verbringen werde. Es breitete sich ein Glücksgefühl in mir aus und nochmals erfreue ich mich, dass ich das Glück habe, an diesem Projekt teilzunehmen zu dürfen. Das war meine vollendete Spekulation.

Urte Alexandra Schröder


Die vollendete Speculation...

Baum.
Alt, weise, groß, gut.
Kennen wir ihn?
Immer steht er da. Ruhig. Gelassen. Er biegt sich; er sträubt sich. Er ist einsam, verlassen, deprimiert. Kitschig.
Wir hingegen lachen. Es will tief aus uns heraus. Der Mund, der sich öffnet und ein individuelles Geräusch des Glückes formt. Eine Schöpfung. Die Schöpfung des einzigartigen Gefühls, dem keine Grenzen gesetzt sind.
Das Signal für die Anderen: Ich habe Spaß.
Doch, der Baum spricht jetzt: „Spaß? Wer lacht nur, wenn er Spaß hat?“
Weise, weise...
„Ich bin am Ende.“, sagt der Baum. „Übermüdet, so, als hätte ich ein Leben lang gearbeitet. Meine Glieder fühlen sich schwer an, ganz schwer.“
Wir antworten, dass wir auch erschöpft sind, vom Lachen.
„Vielleicht seid ihr ich.“, sagt der Baum. Er ist sehr müde. Aber wieso nicht? Ist er? Ich bin. Ich Er. Ist er ich? Bin ich er? Was bedeutet das alles? Nichts ist vollendet! Nichts ist vollkommen! Was will also die vollendete Speculation?

Marie Groenewald


Die vollendete Speculation...

Feuchtes Laub raschelt unter achtundzwanzig Schuhen. Matsch schmatzt. Die Zeitreise-Gruppe schliddert und rutscht einen schluchtähnlichen Waldweg herab. Er erinnert an eine aufgeschnittene Röhrenrutsche. Der Rolandsbogen ragt im Rücken der Gruppe über den Wald hinaus – und mit ihm das warme Restaurant. Nächstes Ziel der Wanderung: Die geheimen Gärten.
„Wenn Schnee liegt, kommen wir mit unseren Schlitten hierher.“, flüstert ein Mädchen seiner Freundin zu. (zuflüstern gibt es, jemandem „zumurmeln“ gibt es nicht) Aneinander gekrallt trippeln sie vorsichtig den rutschigen Hang hinab – und schlittern plötzlich schreiend in ein paar andere Mädchen hinein. Das Mädchen, das eben gesprochen hat, sieht sich um und zückt kurz entschlossen den Fotoapparat.
Er ist schön, dieser Wald auf dem Rodderberg. Die Atmosphäre ist ruhig, fast ein bisschen geheimnisvoll. Die Blätter leuchten rot-orange. Wie Feuer. Wie ein Sonnenuntergang. Es riecht gut: Nach Erde, nach Sonne, nach feuchtem Laub. Die winterliche Kälte umhüllt Nasenspitzen, Ohren und Finger. Sie kriecht in Hosen und Schuhe. Sie färbt Wangen, Nasen und Lippen rot.
Das Mädchen stellt sich in Position, zoomt das Motiv heran, bis es scharf ist und drückt auf den Auslöser. Gespannt schaut sie auf den Bildschirm – und wird enttäuscht. Klar, das Bild ähnelt der Aussicht, aber ohne ein Objektiv vor dem Gesicht sieht alles doch anders aus. Eindrucksvoller. Ausdrucksvoller.
Aber das beweist mal wieder:
ZUR NATUR ZURÜCK FÜHRT DIE VOLLENDETE SPEKULATION.

Henriette Fischer


Die vollendete Speculation...

Langsam aber sicher läuft sie den Weg zum Rolandsbogen hoch. Der Matsch schmatzt unter ihren Füßen. Es ist kalt, und ihre Füße sind nass. Es regnet leicht. Regentropfen berühren ihr Gesicht.
Auf dem Weg nach oben begegnen ihr zwei freundliche Bauarbeiter, die sie durchlassen.
„Nur noch ein paar Schritte, dann bin ich oben“, denkt sie.
Fast oben angekommen geht sie an einem Restaurant vorbei, aus dem ihr warme Luft entgegenkommt. Oben angekommen schaut sie sich den Rolandsbogen an und macht ein paar Fotos. Sie geht weiter und kommt zu einem Gerüst, von dem aus sie den Hang herunter gucken kann. Es ist hoch, windig und man kann die ganze Landschaft betrachten. Es ist grün, die Glocken läuten und Vögel zwitschern. Noch einmal holt sie ihren Fotoapparat aus der Tasche und knipst ein paar Fotos. Sie setzt sich auf einen Stuhl und schaut sich das Bild an. Sie überlegt. Sie überlegt, wo die Geräusche auf einmal sind. Die Atmosphäre hat sich vollständig verändert. Sie versucht mit ein paar Knöpfen auf dem Fotoapparat das Bild besser zu gestalten. Doch es gelingt ihr nicht, die Täuschung als wahr zu zeigen. Das perfekte Bild ist eine Illusion, eine vollendete Spekulation.

Hosna Hakim

"...führt zur Natur zurück"

Zurück zur Natur

Der Wald um uns herum.
Empfängt uns mit Stille.
Kalte Stille, nasse, frostige Stille.
Der Wald empfängt uns mit Stille.
Die Bäume horchen, lauschen.
Die Blätter rascheln heimlich.
Gefährten der Stille. Einsamkeit tropft mit jedem Tropfen von Blatt zu Blatt.
Von Blatt zu Blatt.
Stille nicht angenehm. Stille bedrückend.
Wir reden und lachen. Wir trampeln auf der Stille herum. Reden und Lachen. Und kurze Stille. Schnell sagt jemand was. Reden und Lachen.
Mich deprimiert der Wald. Mit seiner Einsamkeit. Mit seiner Stille.
Diese kalte, zu ehrliche, viel zu ehrliche Stille deprimiert mich.
Und deswegen rede ich. Viel zu sehr gewolltes Reden.
Der Wald deprimiert mich. Ich weiß nicht, wieso.
Nie mehr zurück zur Natur?

Till Finkenrath


Zurück zur Natur
Das Restaurant feat. Tee, Bilderdieb, Mann and friends

Gelb, braun und schwarz. Die Farben meines heutigen Mittagessens. Bratwurst mit, für meine Geschmack etwas zu scharfem, Senf. Trotzdem verschlang ich sie, dankbar für das warme Essen, binnen weniger Sekunden. In meinem Mund platze die Haut mit einem Knacken auf, und das Aroma des Senfes mischte sich mit dem der Wurst. Eigentlich ein Gericht, was man immer essen kann. Z. B. im Sommer vom Grill oder eben an einem kalten Fastwintertag neben dem Rolandsbogen im warmen gemütlichen Restaurant. Angesichts des Preise allerdings (4,50€) für ein einfache Bratwurst nicht besonders genießbar.
Ich war ein wenig fertig mit der Welt. Um ein paar Stichwörter zu nennen: Kalt, anstrengend und irgend ein kleiner, pubertärer, pickelloser Junge erzählte mir pferdestreichelnd etwas über das Leben als Ponnyhof und über meinen ehemaligen Geschichtslehrer…im Zusammenhang stehend. Leicht grotesk aber komischer Weise interessant genug, sodass ich zugehört habe.
Das hatte ich bis dahin hinter mich gebracht. Die absolute Höhe im Restaurant war der Kommentar einer durchgeknallten bösen Brünetten neben mir, die über den fraglich vorhandenen Knackarsch des, in ihren Augen, inkompetenten Kellners philosophierte. Ich zitiere: „Anzughosen machen schon eine knackigen Hintern.“ Doch das war noch nicht alles. Ein Mann, fett und einen leicht verwirrten, was sag ich, verrückten Eindruck machend, betrat das Lokal. Er erinnerte uns alle an „den Dicken“, dieser autistische Kommissar aus dem Fernsehen. Als ob seine pure Anwesenheit nicht schon genug war, fing der besagte Dicke an die Bilder von der Wand zu nehmen. Es waren leicht abstrakte Bilder, auf denen komischer Weise immer irgendwelche Brüste groß und deutlich abgebildet waren. Mal die der Lorelei, mal die der unglücklichen Nonne auf Nonnewerth, die vergeblich auf ihren Ritter wartete. Der Bilderdieb also sammelte die Bilder ein. Dabei zerdepperte er einen Rahmen. Bravo. Er fing a zu schwitzen, weil das ständige Armheben scheinbar anstrengend war. Ich war froh, dass ich mein Würstchen schon verdrückt hatte…oder auch nicht. Naja…es ist jedenfalls alles glimpflich verlaufen. Ich hatte keine 4,50 € umsonst ausgegeben und der dicke Bilderdieb entpuppte sich als Kunstaussteller.
Da eine normale Cola drei Euro kostete, hatte ein anderes Workshopmitglied ihren Thermoskannentee aus. Das ist im Restaurant natürlich nicht gern gesehen. Wir saßen also alle auf leicht glühenden Kohlen und hofften, dass niemand etwas von dem dampfenden Tee in der rosaroten Termoskanne mitkriegen würde. Auch das ist gut verlaufen. Nur scheinbar war der heiße Tee nicht aufwärmend genug, sodass das Mädchen seinen Kopf auf die Heizung legte und meinte, es wolle sein Gehirn auftauen. Das war aber sowieso egal, weil wir uns kurz drauf wieder auf den Weg nach unten ins Tal gemacht haben. Ziel: Geheime Gärten. Verwilderte Grünanlagen auf Gutdeutsch. Auf dem Weg konnte die böse Brünette es einfach nicht bleiben lassen, mich zu ärgern. Ständig zupfte sie an meiner winterfesten Jacke rum um meinte, sie müsse mir die Kapuze abziehen. Nur weil sie selber zu blöd war sich eine Mantel und eine Schal anzuziehen, bei dem es nicht wie Hechtsuppe zieht. Also bitte. Irgendwann wurde das Spiel scheinbar langweilig. Wir stapften also in dem so geheimen Garten umher, auf der Suche nach dem geheimen Satz. Meine Gedanken kreisten aber ganz wo anders. Ungefähr: Chai-Latte, mein Bett, Kuscheldecke und Buch. Davon war ich weit entfernt. Da fiel mir ein, das meine Mutter mir aus ihrer Kindheit erzählt hatte: Die Aufnahmeprüfung in die, heute würde man vielleicht „Gang“ sagen, bestand damals darin, so fest ein Brennnesselblatt zwischen Daumen und Zeigefinger zu pressen, dass die feinen Härchen abknicken und der Brennnessel nicht brennt. Das Thermoskannenteemädchen probierte das direkt aus. Und tatsächlich. Sie hatte keine Schmerzen. Im Gegensatz zu mir, wäre sie in der „Gang“ aufgenommen worden. Ich trau mich das immer noch nicht.
Ja, was soll ich sagen. Da stand ich mit einer Gruppe kreativer Menschen in einem verwilderten Garten. Vor uns lagen noch Tage, an denen wir die verrücktesten Dinge machen sollten, etwa DADA-Mensch basteln und verkörpern oder Nietzsche krepieren lassen.
Wäre es nicht schön, nicht 4, 50 € für ein Bratwurst blechen zu müssen, Ponnies nicht zu zähmen, Hinterteile in voller Pracht, ohne Anzughosen betrachten zu können, nicht die Möglichkeit haben sich bis zum Platzen mit Essen vollzustopfen, weil es einerseits nicht so viel gäbe und andererseits nichts angebaut werden könnte. Wäre es nicht schön nicht über das menschliche Denkvermögen Bescheid zu wissen, sondern einfach nur das tun zu dürfen, wozu man gerade Lust hat und das nicht legitimieren oder rechtfertigen brauchte. Wäre es nicht schön, einen verwilderten Garten als etwas völlig normales zu sehen und eine Brennnessel als etwas völlig harmloses. Ach ja…auf die DADA-Menschen könnte ich auch glatt verzichten. Um das alles zu erreichen müssen wir einfach nur back to the roots. Es unseren ururururururururur…ahnen gleich tun und im Einklang mit der Natur leben. Wobei ich Tee schon sehr gerne mag…Naja. Wie auch immer auf zurück zur Natur…!

Helen-Sophie Mayr


Zurück zur Natur

Der Bogen

Wieder da , wieder zurück. KALT. WARM. Das Gehirn durchgepfiffen und die Zunge mit Essig verbrannt. Bist du Zuhause? Ein Schritt über die Schwelle, und Müdigkeit übermannt mich. Süße Schokoladenverführung lullt mich ein. Bewegung und Stehen und Zuhören – Sitzen und Schreiben und In-sich-hören. Der Bogen wurde zum Kreis. Der Anfang ist auch das Ende. Oh Roland, es ist vorbei – Arp hat uns wieder, und der Rhein fließt weiter. Heimatkundler? Touristen? Ein Schritt überwindet eine Grenze - zwei Welten. Natur beeinflusst durch den Winter, Architektur beeinflusst durch den Menschen. Blätter und Gemälde, Skizzen und Laub. Geheimnisvoller Mensch oder geheimnisvolle Natur? Schreiben, unsere Bewegung, führt zurück zur Natur!

Eine Zeitreisende


Zurück zur Natur
Rolandsbogen

Es vermag euch nicht logisch erklingen, doch ein Moment des Leidens kann ebenfalls ein Moment des Glückes sein.
Es war die Erkenntnis der Gemeinsamkeit.
Wir waren deprimiert und lachten. Ich hatte das Gefühl, dass das Lachen nicht mehr aufhörte und mir war, als würde ich für einen Augenblick alles von mir schütteln. Einfach loslassen. Die frische Luft, die unsere Wangen, Nasen und Ohren errötete und uns frei werden ließ. Unsere Herzen waren leicht und für einen kurzen Moment wurde mir warm. Warm in meinen Füßen, in meinem Gesicht und bis in die Fingerspitzen. Stopp. Stille. Regungslosigkeit. Was war es? Etwas Überwältigendes? Etwas Natürliches? Etwas, das alles verdrängte? Und dann war es vorbei. Die Kälte kam zurück und mein Körper erzitterte.
Die Wirklichkeit führte zur Natur zurück.

Jana Laudien


Zurück zur Natur

Wir wandern auf den Rolandsbogen. Die lange Runde. Im Anschluss zu den geheimen Gärten.
Die geheimen Gärten sind verwildert, so wie ich es freudig erwartet habe, doch in meiner Vorstellung waren sie größer und die Wege verzweigter.
Wenn jetzt Sommer wär‘, wäre es der perfekte Ort, um spazierend über den Sinn des Lebens nachzudenken. Die Sonne würde durch die Bäume scheinen und die Blätter zum Leuchten bringen. Von allen Seiten würde mich die Natur anlachen. Schemenhaft würde das Rauschen des Rheins zu mir herüberdringen. Das Rauschen würde alle Geräusche miteinander verbinden, sie stimmig machen: Das Singen der Vögel, das Gesumme der Bienen und Hummeln, das Knirschen meiner Schuhe auf dem Kies.
Doch es ist Winter. Mir ist kalt, und meine Füße sind nass. Ich bin erschöpft und will nach Hause. Doch dann kommt mir ein neuer Gedanke: Ich werde hierhin zurückkehren, im nächsten Frühling oder Sommer: Zurück zur Natur.

Milena Behnke

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Schnurrdiewutz

Heute ist ein besonderer Tag für das Arp Museum. Es bekommt ein Bild von einem bislang unbekannten Künstler. Er heißt Baron von Schnurrdiewutz und kommt aus Schnurrwenien. Für dieses Bild musste das Arp Museum lange warten und auf der Künstler-Messe viel Geld bieten. Doch nun ist es endlich so weit: Sogar die Bundeskanzlerin Angela Merkel ist geladen und ist gekommen. Niemand wollte sich dieses weltweit einzigartige Ereignis entgehen lassen, denn es gibt nur zehn Gemälde von dem Baron, von denen sich acht in privatem Besitz, und eines irgendwo auf der Welt - in kleine Stückchen zerteilt - befinden. Also, man sieht ja, dass dieser Tag eine besondere Ehre für Deutschland und für die Stadt Remagen ist. Die Menschen-Schlange reicht schon auf die B9 hinaus. Die B9 wurde extra aus diesem Grund gesperrt. Um 15:00 Uhr fährt eine schwarze Stretch-Limousine vor und hält direkt vor dem Eingang. Eine Truppe von fünf Bodyguards steigt aus und bleibt stehen. Dahinter kommt ein Mann aus dem Auto, der ganz in schwarz gekleidet ist und einen schwarzen Aktenkoffer in der rechten Hand hält. Er schreitet langsam hinter seinen Bodyguards her in Richtung Museumseingang. Dort wartet schon Herr Rotkeridsmuesu, der Museumsdirektor, und begrüßt ihn mit einem stolzen Lächeln auf dem Gesicht. Er will dem fremden Mann den Koffer abnehmen, doch dieser nimmt ihn in die andere Hand und schüttelt den Kopf. Seine Miene bleibt starr. Er läuft geradewegs an der Kasse vorbei und geht den langen Flur entlang. Alle Menschen, die noch Karten für dieses Event bekommen haben, laufen dem Mann gespannt hinterher. Er bleibt vor der Ausstellung ,,superfranzösisch” stehen und dreht auf dem Absatz nach rechts. Er folgt dem Gang, bis er zu einem großen Glaskasten kommt. Dort wartet er ungeduldig auf den Museumsdirektor, der gleich darauf mit einem Schlüssel heran geeilt kommt. Erst als dieser Glaskasten geöffnet ist, legt der fremde Mann den Koffer hin und lässt dessen Deckel aufschnappen. Zum Vorschein kommt ein Bild, welches von außen zwar noch gut aussieht, aber schon viel erlebt hat. Es wurde schon viermal gestohlen, ist einmal in einen Fluss gefallen und wäre beinahe ganz durch einen Aktenvernichter zerstört worden. Doch diese lange und turbulente Geschichte kann man dem Bild von außen nicht anmerken. Der fremde Mann hat währenddessen das Bild in den Glaskasten gelegt, seinen Koffer wieder geschlossen, eine Notiz hinterlassen und hat sich wieder auf den Weg gemacht. Niemand hatte es bemerkt, geschweige denn, versucht ihn aufzuhalten, alle waren von der Schönheit des Bildes fasziniert. Vor dem Museum hört man einen Motor aufheulen und ein Auto wegfahren. Der Museumsdirektor schaut sich verwundert um, bis er die Notiz entdeckt. Er nimmt sie und liest sie sich sorgfältig durch, denn er wollte mehr über diesen Mann erfahren. Er hatte ihn am Telefon nur einmal mit einer Stimme gehört, die seltsam verzerrt geklungen und die ihn über das bevor stehende Ereignis informiert hatte. In der Notiz stand:
,,Ich bin der Nachfolger Barons von Schnurrdiewutz.
Sie haben am Telefon mit meinem Vater gesprochen, der vor wenigen Tagen verstorben ist.
Ich hoffe, das Bild ist bei ihnen sicherer als in meiner neuen Residenz.”
Grüße, Baron von Schnurrdiewutz.
(Siegel)

Der Museumsdirektor schaut auf. Das Bild ist noch da, wer weiß aber nur, wie lange es noch da im Glaskasten sein wird. Als er das nächste mal auf eine Uhr schaut, ist es 18:00 Uhr. Zeit zum Schließen. Er positioniert zwei Wachleute um das Gemälde und bittet alle Besucher zu gehen. Der Museumsdirektor schaut noch ein letztes Mal auf das Bild und auf das Schildchen, welches den wahren Namen des Bildes zeigt: ,,Schnurrdiewutz- Das Adjektiv.”
Keiner der Besucher, noch nicht einmal die Museumsmitarbeiter, können später am Abend das Gemälde genau beschreiben. Sie sagen alle immer nur: ,,Es war einfach wunderschön.” Und seit diesem Tag hat niemand mehr etwas von dem Nachfolger des Baron von Schnurrdiewutz gehört.

Johanna Rüllich